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Analyse des Arbeitsmarktes in der Großregion

Um im Rahmen des Interreg-Projekts BRIDGE die wirtschaftlichen Besonderheiten der Großregion bestmöglich miteinzubeziehen, wurde im Laufe des Jahres 2020 die Arbeitsmarktsituation der Großregion genau analysiert. Hierbei wurde besonders der Bedarf nach Fachkräften beleuchtet. Unter Einbezug der bestehenden Literatur wurden 27 Experteninterviews durchgeführt. Die Erkenntnisse sind im Folgenden zusammengefasst.

Wirtschaftsstruktur der Großregion

  • Nach der Stahlkrise hat sich das Wirtschaftsgefüge der Großregion angepasst und neue Aktivitäten im Automobilsektor, im tertiären Sektor und in der Agrar- und Ernährungsindustrie haben sich entwickelt. Darüber hinaus stellt der Dienstleistungssektor fast drei Viertel aller Beschäftigten in der Großregion.
  • Das Wirtschaftsgefüge der Großregion ist durch die Besonderheiten der einzelnen Teilregionen geprägt:
    • Für das Land Rheinland-Pfalz ist der Industriesektor und insbesondere der Chemiesektor wichtig. Das Land Rheinland-Pfalz zeichnet sich auch durch sein dichtes Netzwerk von KMUs aus.
    • Der industrielle Sektor ist auch für das Saarland von Bedeutung, besonders der Automobilsektor.
    • Die Wallonie hat sich in der Agrar- und Lebensmittelindustrie, in der chemischen Industrie und im Bereich der Unternehmensdienstleistungen entwickelt. Ihre Wirtschaft zeichnet sich stark durch nicht-kommerziellen Dienstleistungen aus.
    • Lothringen stützt sich auf seine industrielle Vergangenheit, um den Transportsektor, das Bauwesen und das Gesundheitswesen zu entwickeln. Wie in der Wallonie sind die nicht-kommerziellen Dienstleistungen stark vertreten.
    • Das Großherzogtum Luxemburg hat den Dienstleistungsbereich ausgebaut und sich insbesondere im Finanzsektor entwickelt.

Weiterführende Informationen über die Wirtschaftsstruktur der Großregion können Sie auf folgender Website finden: Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle (IBA):Themen (iba-oie.eu)

Auswirkungen der Pandemie

  • Wie alle Regionen der Welt ist auch die Großregion nicht von der Coronapandemie verschont geblieben. Die im Jahr 2020 befragten Expert*innen bestätigen den Ernst der wirtschaftlichen Situation, die viele Branchen (z.B. Tourismus, Gastronomie etc.) betrifft. Sie sind sich jedoch einig, dass die Auswirkungen der Pandemie noch nicht abzuschätzen sind. Es sei noch zu früh, alle Folgen zu erkennen.
  • Mit der zunehmenden Arbeit von Zuhause (Home Office) hat sich die Digitalisierung der Arbeitswelt beschleunigt. Gleichzeitig führt diese, mit dem technologischen Fortschritt verbundene Digitalisierung, auch zu einem erhöhten Bedarf an qualifizierten Fachkräften in den Bereichen Wissenschaft und Technik.
    • Eine der Folgen der Digitalisierung ist das Verschwinden bestimmter Berufe und das Auftreten neuer Tätigkeitsfelder. Dank der im Rahmen von BRIDGE eingerichteten Arbeitsgruppen wird es möglich sein, Kompetenzen im Zusammenhang mit der Digitalisierung zu identifizieren und gegebenenfalls unsere Studienprogramme der Nachfrage von Unternehmen anzupassen.
  • Viele junge Menschen haben in dieser Zeit Schwierigkeiten in bestimmten Sektoren (z. B. Tourismus) ein Ausbildungsunternehmen zu finden. Es ist jedoch möglich, trotz der Krise in bestimmten Bereichen Stellenangebote zu finden, z. B. im Gesundheitswesen, im IT-Bereich, im Ingenieurwesen und in der Logistikbranche.
    • Die Gesundheitskrise hat die Suche nach einem Partnerunternehmen für die Praxisphase des dualen/kooperativen Studiums erschwert. BRIDGE ist sich dieser Herausforderung bewusst und wird mithilfe der im Laufe des Projekts geschaffenen Vernetzungen so weit wie möglich bei der Suche nach einem Unternehmen helfen.

Spezifische Merkmale des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes in der Großregion

  • Die Großregion zeichnet sich durch eine große Anzahl von Grenzgängern aus. Im Jahr 2019 wurden beispielsweise etwa 250.000 Grenzgänger*innen verzeichnet.[1] Fast 16 % von ihnen sind junge Menschen unter 30 Jahre.[2]  Dies ist unter anderem auf die gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit und Verflechtung der verschiedenen Regionen zurückzuführen.
    • Mit dem Ziel, den grenzüberschreitenden Austausch und die Mobilität von Beschäftigten zu fördern, fügt sich das Projekt BRIDGE ideal in den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt ein, der durch die Arbeitnehmerströme gekennzeichnet ist. Dieses europäische Projekt, das fünf Hochschulen vereint, hat sich nämlich zum Ziel gesetzt, die Mobilität von Studierenden, unter anderem durch die Vernetzung mit Unternehmen, in der gesamten Großregion zu fördern.
  • Die Grenzgängerströme laufen hauptsächlich in Richtung Großherzogtum Luxemburg, das das Herzstück der Wirtschaft der Großregion ist. In der Tat üben 80 % der Grenzgänger*innen ihre berufliche Tätigkeit in diesem Land aus.[3]  Die Attraktivität und Anziehungskraft lässt sich unter anderem mit den guten Gehalts- und Steuerbedingung sowie der Mehrsprachigkeit erklären.
  • Die Alterung der Bevölkerung ist ebenfalls ein wichtiges Thema in der Großregion. Sie hängt mit dem Rückgang der Geburtenrate und dem Anstieg der Lebenserwartung zusammen; bis 2050 soll das Erwerbspersonenpotenzial um fast 650.000 Personen auf 53 % sinken.[4] 
    • Durch die Mobilität der Studierenden kann das Projekt BRIDGE dazu beitragen, den Konsequenzen der alternden Bevölkerung entgegenzuwirken und dem steigenden Bedarf an Beschäftigten zu begegnen. Ein gewünschtes Ziel wäre, dass die Mobilität qualifizierter junger Menschen dazu beitragen könnte, den zukünftigen Rückgang der Arbeitskräfte in bestimmten Teilregionen zu kompensieren.  
  • Ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften wird sowohl in der Literatur als auch von den befragten Experten in MINT- (Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaften und Technik)-bezogenen Sektoren, aber auch im Gesundheitsbereich häufig genannt,
    • Durch die Förderung von dualen/kooperativen Programmen in der Hochschulbildung ermöglicht das Projekt BRIDGE den Studierenden, praktische Fähigkeiten zu erwerben, die für eine erfolgreiche Integration in die Arbeitswelt unerlässlich sind, weil sie den Bedürfnissen der Unternehmen entsprechen. Darüber hinaus hat eine Studie der Université de Lorraine [5] gezeigt, dass Studierende durch ein Praktikum im Zusammenhang mit den eigenen Fähigkeiten am besten eine Arbeitsstelle finden.
    • Das Projekt BRIDGE berücksichtigt den Mangel im MINT-Bereich insofern, dass die Zielprogramme unseres Projekts vor allem im Bereich Management sowie Wissenschaft und Technik angesiedelt sind und somit einer realen Nachfrage entsprechen.
  • Der Arbeitsmarkt in der Großregion zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass mehrsprachige Kompetenzen sehr gefragt sind.
    • Die internationale Mobilität der Studierenden führt auch zu Sprachkompetenzen, die von Arbeitgebern sehr geschätzt werden. Fehlende Fremdsprachenkenntnisse hingegen können ein Hindernis für die Mobilität junger Menschen zwischen den Regionen darstellen. Um diesem Problem entgegenzuwirken und die Vertiefung und/oder das Erlernen einer Fremdsprache zu ermöglichen, richtet BRIDGE ein Verzeichnis ein, das Angebote und Plattformen für den Erwerb/das Vertiefen einer Fremdsprache auflistet. Die Mehrsprachigkeit ist die Stärke des Arbeitsmarktes der Großregion, in der Arbeitnehmer*innen aus verschiedenen Teilregionen mit ihrer eigenen Sprache und Kultur miteinander interagieren.

Das Projekt BRIDGE passt sich vollständig an die Arbeitsmarktsituation der Großregion an, da es sich zum Ziel gesetzt hat, qualifizierten jungen Menschen im Rahmen eines dualen/kooperativen Studiums auszubilden. Gleichzeitig fördert das Projekt die grenzüberschreitende Mobilität und berücksichtigt so weit wie möglich die Bedürfnisse der Unternehmen. Dafür ist es notwendig, zu den Akteuren vor Ort, d.h. den Unternehmen, guten Kontakt zu halten. Aus diesem Grund richtet BRIDGE regionale Arbeitsgruppe mit diesen ein. Studierende, die ein Studium im Rahmen von BRIDGE absolvieren, sind aufgrund der Erfahrungen, die sie während ihrer Praxisphase gesammelt haben, besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Sie erlangen zudem interkulturelle Kompetenzen und Sprachkenntnisse, die von Arbeitgebern sehr geschätzt werden.


[1] IBA/OIE, « Die neuen Grenzgängerzahlen der Großregion », Newsletter Mai 2020, p. 1

[2] IBA/OIE, « Situation du marché de l’emploi dans la Grande Région – Situation des jeunes », Janvier 2019, p.46

[3] IBA/OIE, « Die neuen Grenzgängerzahlen der Großregion », Newsletter Mai 2020, p. 6

[4] WSAGR, « Rapport sur la situation économique et sociale de la Grande Région 2019/2020 », publication de la Grande Région, 2020, p.16

[5] DAPEQ - CEREFIGE, « Le devenir professionnel des diplômes de l’université de Lorraine : Focus sur l’attraction du marché du travail luxembourgeois des diplômés de DUT, licence et master », Université de Lorraine, Mars 2019, p.4